Die Beitragsfestsetzung in der Krankenversicherung wird für freiwillige Mitglieder durch § 240 SGB V in Verbindung mit den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler geregelt.
Bei der Beitragsbemessung wird die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Krankenkassenmitglieds berücksichtigt, sodass alle beitragspflichtigen Einnahmen zugrunde zu legen sind.
Zum Nachweis des zu berücksichtigenden Einkommens ist regelmäßig die Vorlage des Einkommensteuerbescheides erforderlich. Beiträge werden zunächst auf Grundlage des zuletzt erlassenen Einkommensteuerbescheides vorläufig festgesetzt. Nach Vorlage des jeweiligen Einkommensteuerbescheides werden auf Grundlage der sodann tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen die Beiträge für das jeweilige Kalenderjahr endgültig festgesetzt.
Seit dem 01.01.2018 ist in § 240 Absatz 4a SGB V gesetzlich geregelt, dass für die endgültige Beitragsfestsetzung der Höchstbeitrag festzusetzen ist, wenn das Mitglied seine tatsächlichen Einnahmen auf Verlangen der Krankenkasse nicht innerhalb von 3 Jahren nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres nachweist.
Dies führt seit dem Kalenderjahr 2022 regelmäßig dazu, dass Mitglieder, die über wenig Einkommen verfügen und tatsächlich nur den Mindestbeitrag bzw. einen erheblich geringeren Beitrag als den Höchstbeitrag zu zahlen haben, Beitragsbescheide über mehrere tausend Euro erhalten.
Für die Beiträge des Kalenderjahres 2019 war der entsprechende Einkommensteuerbescheid bis zum 31.12.2022 einzureichen, wenn die Krankenkasse hierzu aufgefordert hat. Zumeist erfolgt eine solche Aufforderung erst kurz vor Ablauf der Frist.
Liegt eine entsprechende Festsetzung von Höchstbeiträgen erst einmal vor, weil der Einkommenssteuerbescheid nicht oder verspätet eingereicht wurde, ist es derzeit völlig offen, ob eine solche Festsetzung rückgängig gemacht werden kann.
Der Wortlaut des § 240 Absatz 4a SGB V scheint hier eindeutig, sodass Krankenkassen auch bei einem Widerspruch gegen den Beitragsbescheid und der Nacheichung des Steuerbescheides bei der Festsetzung bleiben.
Es gibt jedoch auch gute Argumente für die Möglichkeit einer nachträglichen Einreichung des Steuerbescheides und dessen Berücksichtigung. So ist es dem Sozialrecht immanent, dass tatsächliche Verhältnisse möglichst wirklichkeitsgetreu abgebildet werden und daher Bescheide auch 4 Jahre rückwirkend durch einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X korrigiert werden können. Durch die Rechtsprechung wird zu klären sein, ob § 240 Absatz 4a Satz 4 SGB V materielle Präklusionswirkung zukommt. Zudem ist zu prüfen, ob die Krankenkasse tatsächlich die Vorlage des Einkommensteuerbescheides wirksam verlangt hat.
Da es zu der Frage, ob ein Steuerbescheid auch nach Ablauf der 3 Jahre von der Krankenkasse bei der Beitragsfestsetzung zu berücksichtigen ist, derzeit noch keine Rechtsprechung gibt, kann Betroffenen nur angeraten werden die Festsetzungen nicht rechtskräftig werden zu lassen und hiergegen Widerspruch sowie Klage einzureichen.
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